Moin, lass' mal über Landschaft schnacken!

Als freischaffender Landschaftsarchitekt und Stadtplaner kommt Wolfgang Schramm 2004 nach Bremen. Die knappe hanseatische Begrüßung „moin“ hat ihm hier von Anfang an gut gefallen. Es wirkt auf ihn vertrauter als ein neutral, sachliches „Guten Tag“. Schramm ist der namensgebende Partner im Planungsbüro schramm + partner Landschaftsarchitektur, welches er seit Sommer 2022 als Rechtsnachfolge der Partnerschaftsgesellschaft Gasse I Schumacher I Schramm am Bremer Standort weiterführt.

„Moin“, sagt mittlerweile auch Claas Heynowski, der in der uckermärkischen Landschaft aufgewachsen ist, in Dresden studiert hat und nach 12 Jahren Bürozugehörigkeit nun Schramm als Partner zur Seite steht. Aktuell bearbeiten sie im Team mit fünf Kolleginnen und zwei Werksstudentinnen gemeinschaftlich landschaftsarchitektonische und städtebauliche Projekte in den unterschiedlichsten Maßstabs- und Konkretisierungsebenen. Bei der Realisierung des Themenspielplatzes „Oh wie schön ist Panama!“ am Zwischenahner Meer im Mai 2023 lernen die Planerinnen des Büros das „moin“ ursprünglich von „schön“ kommt: moi dag – schöner Tag!

Damit die Arbeitstage für das Team am Bürostandort Bürgerweide nicht nur gut, sondern auch in einem schönen Ambiente organisiert werden können, wurde die Büroetage parallel zur Umfirmierung 2022 umgebaut. Im Zentrum des Büros befindet sich nun der „Salon“, ein offener, heller Raum mit großem Besprechungstisch. Auch die Aufwertung der Küche war dem Team wichtig, denn bei einem aromatischen Cappuccino oder einem selbstgekochten, frischen Mittagessen lässt sich alles besprechen: das wechselhafte Bremer Wetter, tagesaktuelle kulturelle oder politische Themen oder die Frage, was eine gute Landschaftsarchitektur ausmacht?

Landschaft als handlungsleitender Fokus

„Zu Beginn eines neuen Projektes verstehen wir uns als Raumforschende“ beschreibt Carla Santelmann die Arbeitsweise des Teams „Hierbei ist uns der respektvolle Umgang und die Annäherung an die unterschiedlichsten Dimensionen und Ausprägungen von Landschaft ein zentrales Anliegen. Wir verstehen uns in den frühen Leistungsphasen also eher als Forschende, denn als Planende betont die junge Kollegin. Santelmann hat in Hannover Landschaftsarchitektur und Umweltplanung studiert.

Vor der eigentlichen Entwurfsarbeit steht bei schramm + partner daher immer die Auseinandersetzung mit dem spezifischen Charakter und den Entwicklungsoptionen eines Ortes. Die jeweiligen freiraumbezogenen Planungsaufgaben werden im Spannungsfeld zwischen stadt-, kultur- und naturräumlichen Landschaften betrachtet. „Dies ist unsere Basis für die Verbindung von ökologischen Inhalten mit sozio-ökonomischen Aspekten in einem lebendigen, zukunftsorientierten Freiraum“ fasst Claas Heynowski die Grundhaltung zusammen. Als eine aktuelle Referenz für diese Herangehensweise nennt Lena Janßen das Projekt FleetPark. Mit dem Beitrag „FleetPark“ gewinnt das Team 2022 den freiraumplanerischen Realisierungswettbewerb für die zentralen Grünflächen im TabakQuartier in Bremen Woltmershausen. „Wir haben bewusst den Begriff Fleet ausgewählt“ betont Lena Janßen „und so ein positiv assoziiertes Element der regionalen Landschaft in den Fokus der Ausarbeitung gestellt.“

Das Arbeiten mit Assoziationen in landschaftlichen Kontexten war über ein Jahrzehnt ein wesentlicher Planungsschwerpunkt des Büros in der Entwicklung und Realisierung von freizeittouristischen Großprojekten wie z.B. Center Parcs oder bei der Masterplanung für Tropicals Islands, dem ehemaligen Cargo-Lifter Standort in Brandenburg.

Landschaft als Assoziation

Lena Janßen gehört seit 2012 zum Team, hat die raumgreifenden Großprojekte vom Raumordnungsverfahren über die Genehmigungs- und Entwurfsplanung bis hin zur Eröffnung betreut. Projekte, die teilweise einen erheblichen Eingriff in den Landschaftsraum darstellen, aber dennoch genau diese örtlichen Besonderheiten und Qualitäten als Erholungslandschaft benötigen bzw. erhalten und weiterentwickeln sollen. „Center Parcs verspricht Urlaub in der Natur“, erläutert Claas Heynowski „für den Bau von 1.000 Ferienhäusern und diversen Freizeiteinrichtungen innerhalb eines geschlossenen Waldbestandes bedarfs es einer klaren Vision, wie die Landschaftsstrukturen erhalten und zur Eröffnung des Parks aussehen müssen. Das neue Landschaftsbild und die nutzbaren Freiräume müssen vom ersten Tag an für die Gäste funktionieren!“

Vor dem Hintergrund solcher Herausforderungen lernt das Team sich mehr und mehr mit dem Verständnis der Analyse und Prägung von Landschaftselementen auseinanderzusetzen: Landschaftsräume in ihrer Eigenart, den ökologischen Dimensionen aber auch als Projektionsfläche oder Assoziationsebene. Für Wolfgang Schramm, der mit niederländischen Entwicklern Projekte in europäischen Nachbarländern und in China realisiert hat, ist das Herausfiltern des örtlichen Potentials einer Landschaft wesentlich, der Erhalt der jeweiligen strukturbildenden Merkmale unabdingbar. Gehen die lesbaren Merkmale im Rahmen des Eingriffs verloren, verlieren wir auch die Glaubwürdigkeit einer Anlage bezogen auf den Kontext der landschaftsräumlichen Einbindung. Sicherlich müssen wir uns hier auch vorwerfen lassen, dass wir Landschaft in gewissen Maßen zur Kulisse degradieren. Aber ein guter Mix aus örtlicher Qualität und gebauten Strukturen kann immer auch sehr gute gestalterische und nachhaltig naturverträgliche Ergebnisse erzielen.

Landschaft als Mosaik

Infolge der überregionalen Großprojekte konnte das Team von schramm + partner Erfahrungen mit unterschiedlichen Landschaftstypologien sammeln. Aber auch der Austausch mit den diversen Projektpartnern aus Holland, dem Saarland, Baden-Württemberg oder der brandenburgischen Lausitz eröffnet neue Sichtweisen. Dieser überregionale Austausch hilft auch den Blick für die Arbeit im regionalen Kontext zu schärfen. Ulrike Reinhardt arbeitet gerne auf dieser örtlichen und objektbezogen Ebene. Die Landschaftsarchitektin lebt und arbeitet seit über 10 Jahren in Bremen. Ihr Schwerpunkt sind Freiräume an Kindergärten, Schulen, kirchlichen Gemeindezentren sowie Spiel- und Sportplätze. Hier kommt der landschaftsräumliche Fokus eher in Form von mosaikartig zusammengesetzten Teilelementen zum Tragen: topographische Dynamik, Material- und Pflanzenauswahl, Formensprache im Dialog mit der jeweiligen Architektur.

Neu im Team bei schramm und partner ist seit dem Herbst 2022 Kim Krasowka. Aufgewachsen in einer Landschaftsgärtnerfamilie liegt Ihr Tätigkeitsfeld mehrheitlich in der Bauleitung. Hier bedarf es für die Umsetzung der Gestaltungsansätze des Büros eine gute Ansprache auf Augenhöhe mit den ausführenden Firmen. Letztlich werden die Planenden an dem gemessen und bewertet, was in der jeweiligen Projektkategorie baulich realisiert wird. Hier wird es immer wieder spannend: Ist es dem Team gelungen, seine Entwürfe in eine Gestaltsprache zu überführen, die entsprechende landschaftsräumliche Assoziationen ablesen lässt? Ist es ein Mosaik, zusammengesetzt aus vielen Elementen, oder eine Landschaft mit wenigen, aber eindeutig lesbaren Strukturen? Durch grundlegende Erörterung dieser Fragen, die regelmäßige Suche nach Assoziation im landschaftlichen Kontext entstand 2022 ergänzend zum neuen Logo ein graphisches Bild. Ein Mosaik aus abstrahierten Assoziationen für Pflanzen, Wasser, Wind, aber auch baulichen Typologien, immer wieder neu kombinierbar, neu interpretierbar.

Liegt die Schönheit nun in der Betrachtung eines kleinen Teilbereichs oder im Eintauchen in das ganze Bild? Neben der persönlichen Sichtweise der Planenden, entscheiden immer auch die Nutzer:innen, „denn für sie planen wir, durch ihre Inbesitznahme und Deutung wird eine Landschaft lebendig, wird Landschaft zum Spiel-, Lern-, Begegnungs- und Lebensraum“ resümiert Wolfgang Schramm, im Hintergrund dampft der Siebträger:

Moin. Cappuccino ist fertig.

 

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